Donnerstag, 15 Dezember 2022 11:30

Norbert und das ganz normale Chaos

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Norbert, die Holbeinmaus

Es gongt! Oh nein! Norbert muss schnell raus aus dem Klassenzimmer, sonst wird er von den Kindern der Mittelstufe überrannt. Die haben es gut, denkt der Mäuserich, die haben jetzt Pause und alle haben was zu essen dabei. Norbert hat auch Hunger, und wie! Er rennt die Treppe rauf, denn da liegt ein Stückchen Breze. Außerdem hat er da jetzt in der Pause seine Ruhe. Um nicht gesehen zu werden, nimmt er seinen Snack mit nach oben und versteckt sich in einem Klassenzimmer. Genüsslich knabbert Norbert an seiner Breze. Verdammt, es hat schon wieder gegongt. Und da kommt auch schon jemand ins Klassenzimmer. Norbert huscht schnell hintern Mülleimer. Eine Frau mit hellbraunen mittellangen Haaren und Stirnband kommt durch die Tür. Hat die etwa einen kleinen Fernseher in der Hand? Was kommt denn um die Uhrzeit im Fernsehen? Seine Mäuseaugen können gar nichts erkennen. Nur Buchstaben! Wie langweilig! Hilfe, was macht sie denn jetzt? Nicht draufmalen, denkt Norbert. Ah, da kommt schon die erste Schülerin. Sie hat ein nettes Lächeln im Gesicht und trägt einen Kurzhaarschnitt. Ist das überhaupt eine Schülerin? Ohne Schulranzen? Sie zögert: „Ähm, du, also, ähm, irgendwie ist da heute was schief gegangen, also quasi, hier, haben wir quasi …also eine Doppelbelegung. Äh, könntest du irgendwie, ähm also irgendwie raus?“ Die mit dem Stirnband fährt sich durch die Haare und rückt ihre Brille zurecht. Doch noch bevor sie antworten kann, stürmt die Klasse herein. Die ersten drei bleiben in der Tür stecken, weil jeder erster sein will. Ein dicker Pfropfen von Schülern bildet sich hinter ihnen. Die vordersten hängen sich mit ihrem Gesamtgewicht nach vorne, doch der Schulranzen hält sie im Türrahmen gefangen. Wenn das mal gut geht, denkt die kleine Maus in weiser Vorahnung.  Beim ersten Jungen zeichnet sich bereits der Türrahmen in der Wange ab. Ein leises Reißen ist zu hören. Norbert denkt sich noch: „Dafür ist ein Scout nicht gemacht.“ Mit Lichtgeschwindigkeit löst sich der Pfropfen und schon purzelt der ganze Haufen ins Klassenzimmer. „Leut, Ruhe!“, hört Norbert die Stirnbandfrau durchs Zimmer dröhnen. „Leut, Ruhe!“, „Leut, Ruhe!“, kommt das Echo der Kinder zurück. „Ajajai, das ist doch kein Fußballstadion hier“, sagt die Kurzhaarige. Ganz gechillt, wie auf Schlaftabletten, kommen nun ein paar Große ins Zimmer. „Was ist denn hier los?“, staunen sie mit einem Schmunzeln im Gesicht. „Sowas haben wir nie gemacht in der 5. Was liegen die denn alle hier auf dem Boden rum?“, fragen sie. Die ersten beiden Großen steigen mit langen Schritten über die Schulranzen und die Kinder, und setzen sich in Zeitlupe an einen der hinteren Tische. Dann packt jeder von ihnen eine silberne Getränkedose und eine Schnitzelsemmel aus dem Rucksack. Neidisch schaut Norbert auf diese leckere Brotzeit. Ist für Großen schon wieder Pause? Norbert ist verwirrt. „Ja gut, also dann, ähm, dann hab ich hier, also ihr hier, quasi, also Unterricht. Wenn, öhöm, wenn meine Schüler erst mal sitzen, dann müsst ihr quasi, also die 5a quasi, in A204, wechseln, gehen.“ „Wieso wir? Ich hab doch die Kleineren? Könnt nicht ihr gehen?“ Die Kurzhaarige bleibt standhaft. Das Stirnband gibt sich geschlagen. „Leut, kommt mit! Wir gehen in A204.“ Die Kleinen rappeln sich auf. Einer kriecht unters Pult und holt seine Trinkflasche, die ihm beim Sturz weggerollt ist. Ein Mädchen überprüft, ob ihr Handy nach dem Sturz noch funktioniert. Ihre Freundin holt ihre Haarbürste aus der Tasche und flicht sich neue Zöpfe. Plötzlich beginnt ein Junge zu weinen. „Ey Digga! Alles nass hier!! Mein Handy! Meine Brotzeit! Meine Hefte! Mein Apfelsaft ist ausgelaufen! Die ganzen Hausaufgaben sind nass und klebrig! So ein Scheiß!“ Anstatt dem armen Kerl zu helfen, kommentiert einer der Großen die Misere mit „Siehste, deshalb mach ich erst gar keine Hausaufgaben.“ Norbert nutzt den Tumult und verschwindet unbemerkt aus dem Klassenzimmer. Die Klassenzimmertür steht immer noch offen. Einige Mädchen stehen vor der Tür und warten offenbar auf das Mädchen, das sich immer noch in aller Ruhe ihre Zöpfe flicht. Ein Junge lehnt am Fensterbrett und ruft: „Paul, komm jetzt, wir gehen aufs Klo. Da trocknen wir dein Handy.“ Nobert flitzt zurück zu seinem Mauseloch, hört immer wieder ein paar Fünftklässler über den Flur huschen, und als endlich wieder Ruhe auf den Gängen herrscht, gongt es schon wieder.

Von Jannis Rolf (5b), Didem Tugay (5a), Nina Meisenheimer (6a), Sophie Augart (6a), Marlena Kreutzfeld (6a), Daniel Kussauer (7b), Meryem Döksös (8b), Ilona Valiakhmetova (8a), Sarah Kaebernick (8b), Charlotte Schmeckenbecher (8b), Olha Lempert (8a), Marvin Hansen (11-8)

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